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Artenreiche Feldflur

Etwa ein Drittel der Gütersloher Stadtfläche wird als Ackerland genutzt, etwa genauso viel wie als Siedlungs- und Verkehrsfläche. Äcker dienen natürlich in erster Linie der Produktion von Feldfrüchten, wurden jedoch im Laufe der Jahrhunderte auch von einer Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten besiedelt, die als Kulturfolger in unsere Region eingewandert sind.

Kornblume und Klatschmohn
Kornblume und Klatschmohn, Foto: Jürgen Albrecht

Dazu gehören z.B. Ackerwildkräuter, die als meist einjährige Pflanzen an den jährlichen Bodenumbruch und an das steppenähnliche Kleinklima angepasst sind, sowie viele Tierarten, die sich in der offenen Landschaft wohl fühlen und Kulturflächen sowie Raine oder Randstreifen (z.B. als Bodenbrüter) oder Gliederungselemente wie Hecken und Baumreihen (als Gehölzbewohner) beleben. Damit ist die Feldflur der – zumindest flächenmäßig - bedeutendste Lebensraum in unserer durch die Landwirtschaft geprägten Kulturlandschaft.

Die früher weit verbreiteten und häufigen Ackerarten wie z.B. Feldlerche, Rebhuhn, Wachtel, Feldhase, Feldgrille, Kornblume oder Klatschmohn sieht oder hört man heute allerdings immer seltener, manche typischen Feldvögel sind bereits bei uns ausgestorben (u.a. Grauammer und Ortolan). Die Gründe dafür sind zahlreich, hängen aber weitgehend mit der intensivierten Landbewirtschaftung der letzten Jahrzehnte zusammen:

  • Durch Begradigung bzw. Nivellierung der Bodenoberfläche gingen Kleinstrukturen wie Senken, Blänken, Dünen etc. verloren
  • Die Nutzung von Herbiziden hat die Wildkrautflora massiv zurückgedrängt und damit auch viele Nahrungspflanzen für Insekten und Wildtiere
  • Der Einsatz von Dünger und Pflanzenbehandlungsmitteln hat zu einer starken Verdichtung der Kulturpflanzenbestände geführt, die kaum noch Lücken lässt und ein für Bodenbrüter ungünstiges kühl-feuchtes Bodenklima erzeugt
  • Auch das Grünland ist wesentlich dichter bewachsen und wird häufiger gemäht als früher, so dass es sich nicht mehr als Ausweichbiotop für Bodenbrüter eignet
  • Die Kulturfolgen sind enger geworden, Sommergetreide und Hackfrüchte mit ihren wärmebegünstigten Brutplätzen werden kaum noch angebaut, dafür haben dichte Maisbestände stark zugenommen
  • Die Bodenbearbeitung mit großen Maschinen erfolgt heute mit einer hohen Geschwindigkeit, der viele (Jung-)Tiere nicht mehr ausweichen können
  • Randstreifen an Äckern und Gewässern sowie Säume und Raine wurden immer kleiner zugunsten einer maximalen Ausnutzung der Produktionsfläche
  • Viele Wirtschaftswege wurden befestigt, unbefestigte Sandwege mit bodenbewohnenden Tieren wie Einsiedlerbienen, Sandlaufkäfern etc. sind weitgehend verschwunden
  • Brachflächen, die sich in der Phase der Flächenstilllegung zu artenreichen Rückzugsräumen für Tierarten entwickeln konnten, wurden nahezu komplett wieder unter den Pflug genommen
  • Ausreichend lange Ruhezeiten ohne Bodenbearbeitung im Frühjahr, in denen Bodenbrüter wie der Kiebitz seine Brut großziehen könnte (mind. 6 Wochen), gibt es fast nirgendwo mehr
  • Durch Freizeitaktivitäten wie Joggen und Spazierengehen mit und ohne Hunden, Mountainbiking, Drachenfliegen, Modellflugzeuge etc. gibt es viele Störungen in der Landschaft, auf die manche Tierarten empfindlich reagieren
  • Die Erschließung der Landschaft durch Straßen und Wege ist sehr dicht und führt zu weiteren Störungen ehemals ruhiger, verkehrsarmer Bereiche
  • Hinzu kommt der Lebensraumverlust durch die Ausdehnung von Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen

Um die letzten Reste der Feldflora und –fauna im Leitprojekt „Artenreiche Feldflur“
zu retten, müssen daher gezielt Artenschutzmaßnahmen in der Feldflur durchgeführt werden, die z.B. als Agrarumweltmaßnahmen bzw. im Rahmen des Greenings, teilweise auch als Vertragsnaturschutz mit Fördermitteln unterstützt werden. Dazu gehören die Uferrandstreifenprogramme der Stadt Gütersloh und des Landes NRW ebenso wie der Umstieg auf biologische Landbewirtschaftung. Das Stadtgebiet Gütersloh gehört zur Förderkulisse für den NRW-Vertragsnaturschutz „Fördermaßnahmen für eine artenreiche Feldflur“, in der u.a. Schutz der Ackerwildkräuter und des Kiebitzes, Stehenlassen von Getreidestoppeln, Ernteverzicht von Getreide, doppelter Saatreihenabstand, Verzicht auf Insektizide und Rodentizide oder Selbstbegrünung finanziell gefördert werden. Auch Verpächter (z.B. Stadt und Kirche) können Vereinbarungen mit den Bewirtschaftern zur Wahrnehmung derartiger Angebote treffen. Für die Stützung der Artenvielfalt auf den sandigen Gütersloher Standorten sind folgende Maßnahmen besonders wirkungsvoll:

  • Ackerrandstreifen ohne Düngung und Pestizideinsatz
  • Anbau von Sommergetreide
  • Punktuelle Verringerung der Saatdichte beim Wintergetreide (z.B. doppelter Saatreihenabstand)
  • Anlage von Lerchenbrachen für Feld- und Heidelerche sowie Feldhühner
  • Anlage unbewirtschafteter Abstandsflächen vor Hecken und Waldrändern
  • Belassen von Stoppelbrechen und Ernteresten auf Ackerflächen (Winterstoppeln)
  • Anbau von Zwischenfrüchten wie Ackersenf als Winternahrung und Deckung für Wildtiere
  • Gelegeschutz bei Brachvögeln und Kiebitzen, z.B. durch verzögerte Bodenbestellung im Frühjahr, Einzelgelegeschutz (Kennzeichnen und Aussparen der Nester bei der Bodenbearbeitung) sowie langsame Bearbeitungsgeschwindigkeit bei Jungvogelvorkommen
  • Erhaltung, Anlage und abschnittsweise Pflege (Winterschnitt) von Hecken mit Saumstreifen als Lebensraum für Rebhühner, Neuntöter, Igel und Kleinsäuger
  • Maßnahmen zum Wildtierschutz bei der Ernte
  • Verhindern der Abdrift beim Ausbringen von Dünger und Pflanzenbehandlungsmitteln
  • Selbstbegrünung von Vorgewendeflächen
  • Anlage mehrjähriger Buntbrachen und Blühstreifen
  • Späte Mahd (ab Mitte/Ende August) von Säumen und Randstreifen, den bevorzugten Brutplätzen der Rebhühner
  • Auslassen von Grabenkanten bei der Mahd sowie abschnittsweiser zweijährlicher Wechsel der Mahdstrecken
  • Anbau blütenreicher Wildpflanzenflächen für die energetische Nutzung (Biogas)
  • Wege bei Spaziergängen in der Brut- und Setzzeit nicht verlassen
  • Anleinen der Hunde bei Spaziergängen in der Kulturlandschaft, um Wildtiere und bodenbrütende Vögel nicht zu beunruhigen
  • Melden von Brutrevieren der Feldlerche, des Kiebitzes und des Brachvogels an die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld oder das städtische Umweltamt, um den betr. Landwirten Beratungen für Schutzmaßnahmen anbieten zu können

Einige erfreuliche Projektbeispiele aus dem Raum Gütersloh sind:

  • ILEK-Projekte „Säume und Raine“ sowie „Feldvögel erleben in der Gütersloher Kulturlandschaft“, bei denen u.a. seit 2009 Lerchenfenster als freiwillige Maßnahme angelegt wurden (ILEK = Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept des Kreises Gütersloh)
  • Erfassung der Feldvogelbestände in ausgewählten Bereichen mit anschließender Beratung der Landwirte über Förderangebote durch die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld
  • Vertragsabschlüsse im Kulturlandschaftsprogramm des Kreises Gütersloh (Vertragsnaturschutz auf einer definierten Flächenkulisse u.a. in und im weiteren Umfeld der Naturschutzgebiete, in der Niehorster Heide und in den Niederungen von Reiherbach/Röhrbach/Lutter, Krullsbach/Lichtebach, Reinkebach/Schlangenbach, Dalke/Menkebach, Ölbach/Wapel/Ems sowie in geschützten Biotopen)
  • Bemühungen des Hegerings zur Vergrämung von Wildtieren vor der Mahd durch den Einsatz von Wildpiepern und Hunden
  • Umstellung von 8 Betrieben auf biologische Landwirtschaft im Stadtgebiet
  • Sperrung von Kiebitzbrutflächen für Spaziergänger auf Antrag von Jagdpächtern und Eigentümern
  • Vereinbarung (Landesweit) zum langjährigen Verzicht auf die Rebhuhnjagd
  • Extensivierung von Ackerflächen im Rahmen der Grundwasserkooperationen
  • Anbau von Blütenpflanzen als Biogassubstrat

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