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Kleinspecht (Dendrocopos minor Syn. Dryobates minor)

Das Verbreitungsgebiet des Kleinspechtes erstreckt sich über nahezu ganz Europa, quer durch Russland bis an die Pazifikküste sowie bis in die Mandschurei und Nordkorea. Darüber hinaus gibt es Vorkommen in den Küstenregionen der Türkei, des Schwarzen Meeres (teilweise) und des Aralsees. Ein kleines Restvorkommen gibt es auch in Tunesien und Ostalgerien.

Kleinspecht
Kleinspecht: Foto: Andreas Schäfferling

Der Kleinspecht ist der „kleinere Bruder“ des viel häufigeren Buntspechts, doch fehlen dem spatzengroßen Vogel die großen weißen Flügelflecken seines Verwandten. Stattdessen trägt unsere kleinste Spechtart ein kleinstrukturiertes weißes Fleckenmuster auf seinem Rücken.

Bei den Mitteleuropäischen Populationen handelt es sich weitgehend um Standvögel, gelegentlich auch um Strichvögel (Vögel, die im Winter ihr Brutgebiet verlassen, aber keine Wanderungen nach Süden unternehmen). Lediglich die nordischen Populationen ziehen regelmäßig nach Jütland und Norddeutschland zum Überwintern.

Der Kleinspecht ist ein ausgesprochener Laubwaldbewohner mit hohen Ansprüchen an seinen Lebensraum. Bevorzugt besiedelt werden Auwälder, alte Eichen- und Eichenmischwälder. Birken- und Erlenwälder, totholzreiche Buchenwälder sowie Parkanlagen und Obstgärten werden ebenfalls besiedelt. Für seine Brutreviere werden Weichholzbestände mit reichhaltigem Totholzangebot ausgewählt. Die Bruthöhlen werden ausnahmslos in geschädigten, kranken oder morschen Stämmen oder Ästen angelegt.

Die Eiablage beginnt in Mitteleuropa im Allgemeinen Mitte April. Ein Gelege besteht meist aus 4 bis 6 Eiern, die im Abstand von einem Tag gelegt werden. Die Eier werden von beiden Eltern durchschnittlich 11 Tage bebrütet, nach etwa 20 Tagen sind die Jungtiere flügge. Es erfolgt nur eine Jahresbrut, nur bei einem frühen Gelegeverlust kommt es zu einem meist kleineren Nachgelege. Am Ende ihres ersten Lebensjahres sind die Jungtiere geschlechtsreif.

Nahrung
Die Nahrung des Kleinspechtes besteht fast während des gesamten Jahres aus kleinen baumbewohnenden Insekten. Im späten Frühjahr und Sommer können verschiedene Arten der Blattläuse zur Hauptnahrung werden, die auch bei der Jungenaufzucht die wichtigste Rolle spielen. Daneben werden kleine Schmetterlingsraupen, Käfer und Käferlarven, Nachtfalter und deren Larven sowie in geringerem Maße auch Schnecken verzehrt. Im Spätherbst und Winter besteht die Hauptnahrung aus Käfern die unter der Rinde oder auf Blättern überwintern. Vereinzelt werden im Winter auch Futterhäuschen aufgesucht und insbesondere das Fett von Meisenkugeln und Sonnenblumensamen verzehrt. Insgesamt spielt pflanzliche Nahrung aber nur eine untergeordnete Rolle.

Bestände und Bedrohung
Die Bestandssituation des Kleinspechts ist nur sehr schwer einzuschätzen. Der europäische Bestand wird auf etwa 220.000 Paare geschätzt, davon 16.000 bis 32.000 in Deutschland.

In NRW ist der Kleinspecht zwar flächendeckend, aber mit geringer Siedlungsdichte verbreitet. Etwa 12 Prozent des gesamtdeutschen Bestandes ist hier beheimatet. Nach der Roten Liste für NRW (2011) gilt der Kleinspecht als gefährdete Art. Lediglich in den Großlandschaften Weserbergland (Vorwarnliste) und Westfälische Bucht/Westfälisches Tiefland (ungefährdet) wird der Erhaltungszustand günstiger eingestuft. Im Zeitraum 2005 bis 2009 wurden in NRW 3.000 bis 4.700 Reviere erfasst. Obwohl dies weit mehr Reviere als noch in den 1990er Jahren waren, wird die Gesamtentwicklung weiterhin negativ beurteilt.

Vorkommen des Kleinspechts im Kreis Gütersloh findet man vor allem im Ravensberger Hügelland und im Teutoburger Wald. Höhere Dichten werden lokal in Wäldern mit großen Altholzbeständen erreicht. Im Gütersloher Außenbereich dürften vor allem ältere oder geschädigte Birken und Erlen eine wichtige Rolle bei der Nahrungssuche und beim Höhlenbau spielen. Obwohl es keine entsprechenden Untersuchungen gibt, ist davon auszugehen, dass der Kleinspecht auch im Kreis Gütersloh flächendeckend mit geringer Bestandsgröße vorkommt. Nach dem Brutvogelatlas NRW dürfte der Brutbestand in Gütersloher Stadtgebiet etwa die Größenordnung von 50 Paaren erreichen; aufgrund der großen Reviere kann der Bestand allerdings leicht überschätzt werden.

Die Gründe für die negative Bestandsentwicklung sind nicht abschließend geklärt. Einerseits hat die Art vom Älterwerden vieler Laubholzbestände mit wachsendem Totholzangebot profitiert, andererseits fallen Brutvorkommen an bekannten Stellen immer wieder aus unbekannten Gründen aus. Diskutiert wird unter anderem auch die Konkurrenz zum sich regional stark ausbreitenden Buntspecht, der wohl der wesentlichste Nestprädator ist. Weitere Ursachen sind ein Verlust geeigneter Lebensräume, die Trockenlegung von Bruchwäldern und die Pflanzung standortfremder Gehölze. In den Waldbeständen werden durch forstliche Maßnahmen oft die für die Nahrungssuche und die Höhlenanlage wichtigen Totholzbäume entfernt.

Schutzmaßnahmen
„Wesentlich ist der Erhalt der bestehenden naturnahen Waldbestände und der Ufergehölzstreifen in Auebereichen. Dabei spielt speziell der Erhalt von Totholzbäumen eine große Rolle, auch wenn dagegen oft forstliche oder ästhetische Einwände erhoben werden (z.B. Erlenbruchwald Schlosswiesen Rheda). Bei Neuanpflanzungen in Auebereichen sollten standortgerechte Baumarten (Arten der Weichholzauen) bevorzugt werden, die später u.a. für die Höhlenanlage wichtig sind. Durch die Neuanlage von Obstbaumwiesen mit Hochstammsorten kann einer drohenden Überalterung der vorhandenen Bestände entgegengewirkt werden.
Im Herbst und Winter werden vom Kleinspecht Hochstaudensäume und Schilfröhrichte zur Nahrungssuche aufgesucht. Bei Pflegemaßnahmen in der freien Landschaft aber auch in städtischen Parkanlagen kann z.B. durch nur teilweise Mahd der Hochstauden-Bestände darauf Rücksicht genommen werden.“ (Artenschutzhandbuch Kreis Gütersloh)


Quellen: