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Gütersloher Heide

Als Walter BARTELS vor mehr als 100 Jahren sein Buch „Aus einer kleinen Heidestadt“ oder seine „Landschaftsbilder aus der Gütersloher Heide“ veröffentlichte, waren die Vegetationsformen der Sandheide im Umland von Gütersloh noch weit verbreitet, mit Heidekraut, halboffenen Sandfluren zwischen aufwachsenden Kiefern und Birken, mageren Säumen und Triften.

Graue Heidschnucke
Graue Heidschnucke

Neben einer Fülle – heute weitgehend verschwundener - Pflanzenarten der Sandheiden und Magerrasen lebten damals in den Heidegebieten auch Vogelarten wie Birkhuhn, Ziegenmelker, Wiedehopf, Raubwürger, Schwarzkehlchen, Steinschmätzer, Heidelerche, Turteltaube und andere, längst verschwundene Raritäten. Vor allem die Insektenfauna der Heiden und Magerrasen ist enorm vielfältig und beherbergt zahlreiche Kostbarkeiten. Viele Flurnamen erinnern noch an die Zeit des „Heidebauerntums“, das seinen Höhepunkt bereits um 1800 erreicht hatte: Die Auswertung historischer Karten von 1822 durch Georg-Wilhelm SCHLUCKEBIER zeigt anschaulich, dass jede Bauerschaft gleich mehrere „Heiden“ beherbergte, die als gemeinschaftliches Gut („Gemeinheit“, Allmende), meist als Triftweide, mehr schlecht als recht bewirtschaftet wurden. Einst durch Waldverwüstung entstanden, führten weitere Übernutzung, Plaggenhieb etc. zu einer Ausmagerung der Flächen und zu Anrissen der Vegetationsnarbe, die teilweise offene Sandverwehungen nach sich zogen.

Die Gemeinheiten wurden zwischen 1820 und 1840 aufgeteilt, nach und nach kultiviert und als Grünland- und Ackerflächen intensiver bewirtschaftet, von den Heidestrukturen blieben allenfalls kleinflächige „Restlandschaften“, zuletzt laut Flächenkataster rund 4 ha. In der Folge verschwanden auch die typischen Heidepflanzen und –tiere, neben den Vögeln vor allem viele Insektenarten, u.a. Wildbienen, Heuschrecken und Schmetterlinge. Gemeinsam sind diesen Arten ihre Lebensraumansprüche: sie benötigen nährstoffarme, offene Böden, die sich leicht erwärmen und auf denen konkurrenzstarke (meist Stickstoff liebende) Arten fehlen. Solche Standorte gibt es heute in der intensiv bewirtschafteten Landschaft kaum noch, sie beschränken sich auf Säume, Waldränder, Brachen und wenige Sonderstandorte.

Solche Sonderstandorte sind z.B. der Flughafen, die Niehorster Heide und Schnitkers Heide in Sundern. Während auf den Freiflächen des Flughafens statt der Zwergstrauchheide magere Trockenrasen dominieren (vor allem Heidenelken-, Straußgras- und Silbergrasfluren), hat sich in der Zeit der militärischen Nutzung des Niehorster Tanklagers dort neben dem Sandmagerrasen auch Zwergstrauchheide erhalten (vor allem mit Besenheide), die durch naturschutzgerechte Bewirtschaftung seither besonders gefördert wird. Im Umfeld des ehem. Tanklagers hat die Stadt Gütersloh auf der Grundlage eines Konzepts der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld eine Reihe sandiger Flächen erworben und entwickelt diese als Kompensationsmaßnahme schrittweise zu Magerstandorten. Durch Aussaat von Heidemahdgut hat sich dort die Zwergstrauchheide wieder etabliert und die einstige Heide entsteht wieder neu. Schon recht schnell werden diese offenen Sandflächen auch von heidetypischen Insekten wiederbesiedelt, z.B. von bodenbewohnenden Wildbienenarten, Heuschrecken, Feldgrillen, und sogar eines der letzten Vorkommen der Heidelerche auf Gütersloher Stadtgebiet konnte stabilisiert werden. Weitere Mosaiksteine entstehen durch Initiative des Kreises und der Naturschutzverbände unter der Stromtrasse Haarheide, wo ebenfalls Boden abgeschoben und durch regionales Mahdgut Heidekraut angesiedelt wurde. Insgesamt wurden durch diese Maßnahmen bislang etwa 18 ha neuer Sandmagerrasen- und Heideflächen gegründet.

Auf Initiative der Jägerschaft entstanden zwei weitere Heideflächen: Eine offene Sandfläche in Sundern (Schnitkers Heide) wurde mit Wacholder aus dem Emsland bepflanzt und Heidekraut mit Hilfe von Mahdgut etabliert, und eine im Zuge der Dalke-Renaturierung aufgeschobene Düne „Im Füchtei“ (Wortbedeutung: „Füchtenheide“, ‚Füchte‘ oder ‚Fichte‘ war früher im Ostmünsterland eine verbreitete Bezeichnung für die Kiefer) wurde ebenfalls durch „Heusaat“ mit Heidevegetation „geimpft“. Alle diese Heiden benötigen regelmäßige Pflege (Mahd, Beweidung, Entbuschen), damit sie nicht überwuchert werden und sich nicht zu Wald zurück entwickeln. Für derlei Maßnahmen geeignete Restflächen z.B. unter Stromtrassen gibt es sicherlich noch einige mehr, die reichliche Betätigungsmöglichkeiten für Naturfreunde bieten. Denn eine heute übliche Bewirtschaftung kann die traditionelle Nutzung (extensive Beweidung) nicht ersetzen.

Naturschutzmaßnahmen von Vereinen und Privatpersonen können vom Land NRW nach der „Förderrichtlinie Naturschutz“ gefördert werden, bei größeren Vorhaben kommen weitere Förderangebote in Betracht (z.B. EFRE, LIFE, ELER).

Mögliche Aktivitäten zum Schutz und zur Entwicklung von Heide und Magerrasen im Leitprojekt „Gütersloher Heide“ sind u.a.:

  • Einsatz von Schafen und Ziegen bei der Heidepflege
  • Wiedervernässung geeigneter Heideflächen (Entwicklung feuchter Ausprägungen der Heide, u.a. mit der seltenen Glockenheide)
  • Ausmagerung von Rasenflächen im Garten hin zu blütenreichen Sandmagerrasen
  • Offenhalten von Rohbodenflächen als Brut- und Sonnenplatz für Reptilien und Nistplatz für bodenbewohnende Einsiedlerbienen
  • Wiederkehrendes Abplaggen und Entbuschen von Heiden und Magerrasen
  • Bekämpfung von expansiven Neophyten auf derartigen Flächen (z.B. Goldrute, Staudenknöterich, Späte Traubenkirsche)
  • Mitwirkung bei Pflegeeinsätzen von Naturschutzvereinen
  • Melden von Reptilienbeobachtungen (Zaun- und Waldeidechse, Blindschleiche)
  • Bereitstellung weiterer Flächen für die Ausdehnung der Heiden und Magerrasen, möglichst im Umfeld bestehender Heidestandorte
  • Festsetzung geeigneter Flächen als geschützte Landschaftsbestandteile oder Naturschutzgebiete
  • Schutz von mageren Saumflächen und Randstreifen vor Stickstoffeinträgen
  • Schutz von Flechten- und Moosrasen auf Heidestandorten, die eine vielfältige und gefährdete Sporenpflanzenflora tragen
  • Extensive, lückige Bewirtschaftung von Ackerflächen im Nahbereich trockener Waldsäume und beim Vorkommen der Heidelerche, um dieser stark gefährdeten Vogelart neue Brutplätze zu erschließen

Einige gute Projektbeispiele (z.T. Förderprojekte der Umweltstiftung Gütersloh) aus dem Raum Gütersloh sind:

  • Entwicklungskonzept und Bewirtschaftung von Flächen der Niehorster Heide durch die Biologische Station Gütersloh/Bielefeld
  • Konzentration von Kompensationsmaßnahmen zur Heide- und Magerrasenentwicklung im Bereich der Niehorster Heide durch den Fachbereich Grünflächen der Stadt Gütersloh
  • Heidepflege unter Freileitungstrassen in der Haarheide durch den Kreis und ehrenamtliche Naturfreunde
  • Anlage und Pflege von Heide und Magerrasen auf Dünen der Dalkerenaturierung sowie Pflanzung und Pflege einer Wacholderheide in Sundern durch den Hegering
  • Erfassung und Schutzmaßnahmen für Reptilien (Eidechsen, Blindschleiche)

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