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Leben auf dem Bauernhof

Bauernhöfe sind ein traditioneller „Hotspot“ der Artenvielfalt: Nicht nur die Nutztiere und deren Rassen sowie die Nutzpflanzen und deren Sorten sind die Domäne der Landwirtschaft, auch Bauerngärten mit ihren oftmals regionaltypischen Stauden und Gemüsesorten, Wildpflanzen wie der Gute Heinrich im nährstoffreichen Umfeld von Tierhaltungen und eine Vielzahl von Wildtieren wie Vögel oder Fledermäuse siedeln gerne dort.

Obstwiese Bethlehem in Isselhorst
Obstwiese in Isselhorst

Mäuse, Fliegen, Erntereste, Tierfutter, Tierausscheidungen und die davon lebenden Käfer etc. bieten ihnen eine gute Nahrungsbasis, und viele Nischen in Ställen, Scheunen und Deelen werden als Quartier für die Jungenaufzucht genutzt. Mäusejägern wie der Schleiereule oder dem Steinkauz bringen Landwirte traditionell viel Sympathie entgegen und unterstützen sie durch Einflüge (Uhlenflucht) oder Nisthilfen. Verunsicherungen gab es zwischenzeitlich bei den Stallschwalben (Rauchschwalben) infolge verschärfter Hygieneansprüche, doch ist inzwischen eindeutig geklärt, dass diese kein Grund sind, die geschützten und gefährdeten Glücksbringer aus den Ställen zu vertreiben. Bei drohender Verunreinigung von Futtervorräten durch Schwalbenkot hilft notfalls ein einfaches Kotbrettchen unter dem Nest.

Doch vielerorts sind die „goldenen Zeiten“ für viele Tier- und Pflanzenarten auf den Höfen vorbei, denn etliche Höfe werden aufgegeben, modernisiert und umgenutzt und die Landbewirtschaftung verändert sich stark. Mehrere klassische Dorfpflanzen und Gebäudebrüter stehen auf der Roten Liste, und auch die Sorten- und Rassenvielfalt ist deutlich zurückgegangen. Es wurden sogar spezielle Rote Listen für die bedrohten Geflügel- und Haustierrassen (Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V., GEH) und für gefährdete einheimische Nutzpflanzen (Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung) aufgestellt. Und in der Roten Liste der gefährdeten Arten in NRW (LANUV NRW 2011) wird die moderne Landwirtschaft aufgrund ihrer anhaltenden Intensivierung der Landbewirtschaftung sogar als eine der Hauptursachen für die Artengefährdung schlechthin aufgeführt.

Dabei sind einige Hilfsmaßnahmen gerade an den Hoflagen nicht sehr aufwändig und erfordern keine großen Umstellungen. Naturschutzmaßnahmen können gefördert werden, z.B. über die Förderrichtlinie Naturschutz des Landes NRW oder durch die Umweltstiftung Gütersloh. Nachfolgend sind einige Möglichkeiten für das Leitprojekt „Leben auf dem Bauernhof“ zusammengestellt, die schon an manchen, aber vermutlich nicht an allen Gütersloher Höfen umgesetzt wurden und erfahrungsgemäß recht erfolgreich sind:

  • Erhalten und schaffen Sie ungestörte, marder- und katzensichere Nistplätze für die Mäusefänger Schleiereule und Steinkauz!
  • Lassen Sie einige Ecken für hof- und dorftypische Wildpflanzen ungenutzt: Melden, Gänsefuß, Guter Heinrich, Schwarznessel, Rainfarn, Steinklee, Glaskraut, Wegmalven, Mäusegerste, Lerchensporn, Zymbelkraut, Storchschnabel, Schöllkraut, Vogelknöterich u.v.a. können mit ihren Blüten nicht nur schmücken, sondern sind auch wichtige Futterlieferanten für Vögel, Schmetterlinge, Wildbienen etc.!
  • Erhalten Sie farnreiche Natur- oder Ziegelsteinmauern und schonen Sie deren Fugenbewuchs, vermeiden Sie Zementmörtel bei der Ausbesserung (verwenden Sie stattdessen Kalkmörtel), lassen Sie bei notwendigen Mauersanierungen einige Fugen offen und verteilen Sie die Arbeiten abschnittsweise über mehrere Jahre!
  • Lassen Sie den Mäusen auch im hofnahen Grünland eine Chance – sie sind die wichtigste Nahrungsquelle für Eulen, Turmfalken, Bussarde und viele Raubsäuger!
  • Erhalten Sie Ihre Streuobstwiese, einen der artenreichsten Biotope im ländlichen Raum: alte Obstsorten, Schmetterlinge, Bienen, Grünspecht, Steinkauz, Kleinvögel und Kleinsäuger finden hier Lebensraum und Nahrungsquelle zugleich!
  • Erhalten Sie Ihre „Sparkasse“, die Hofeichen, und ersetzen Sie diese nach der Holzernte für spätere Generationen – Eichen liefern nicht nur Holz und bieten Nistplätze, auf ihnen lebt auch eine äußerst zahlreiche Insektenfauna, die wiederum für Gartenbaumläufer, Gartenrotschwanz, Fliegenschnäpper, Finken, Meisen, Laubsänger und Fledermäuse eine unverzichtbare Futterquelle sind!
  • Retten Sie Großmutters Gemüse und die schönen alten Bauerngartenstauden in Ihrem Hofgarten – alte Rosensorten, Herzgespann, Goldlack, Nachtviole, Alant, Natternkopf, Leinkraut, Minze, Süßdolde, Bauerntabak, Mohn, Seifenkraut, Nachtschatten, Malven, Telekie, Nacht- und Königskerzen sind nur einige wenige Beispiele für schöne und teils nützliche Bauernpflanzen, die in modernen Gärten fehlen und die auf Ihre Überlebenshilfe angewiesen sind!
  • Erhalten Sie Einflüge und Nistplätze für Rauch- und Mehlschwalben – die zutraulichen Glücksbringer sind auf Ställe mit Viehhaltung genauso angewiesen wie auf tolerante Herbergseltern, und sie werden es Ihnen mit unvergleichlichen Beobachtungserlebnissen danken!
  • Gönnen Sie Ihren Schwalben ein paar Matschecken, wo sie Nistmaterial sammeln können. Waschplätze, unbefestigte Flächen etc. können Sie gezielt während der Brutzeit befeuchten, damit die Sommerboten zügig bauen können und nicht durch Trockenperioden daran gehindert werden!
  • Achten Sie bei Gebäudesanierungen darauf, Ersatz für die vielen Quartiere von Fledermäusen, Vögeln und Wildbienen zu schaffen, die dabei in der Regel verloren gehen. Sie wissen sicherlich selbst am besten, wo welche Arten auf Ihrem Hof vorkommen, auf die man achten muss!
  • Vermeiden Sie den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden im Hofumfeld – Fledermäuse, Singvögel u.a. reagieren darauf ebenfalls sehr empfindlich und nehmen Schaden, wenn sie vergiftete Nahrung aufnehmen!
  • Böschungen, Fugen, Ritzen, Mauerfüße, Baumscheiben, Laubhaufen, Zaun- und Heckensäume können im Winter wichtige Nahrungsreserven bieten, wenn sie nicht kurz abgemäht sind - mähen und fegen sie einfach nicht alle Ecken!
  • „Ein ‚unordentlicher‘ Bauer leistet mehr für die Erhaltung der Artenvielfalt als drei Naturschützer“ – sagte einmal ein Naturschützer!


Einige gute Projektbeispiele (z.T. Förderprojekte der Umweltstiftung Gütersloh) aus dem Raum Gütersloh sind:

  • Die Erhaltung (tlw. Neupflanzung) von hofnahen Streuobstwiesen und Hofbäumen an Bauernhöfen
  • Öffentlichkeitsarbeit, Wiesenführungen und Schnittkurse zu Streuobstsorten
  • Anlage von Obstwiesen mit alten Sorten im Stadtpark und auf Kompensationsflächen durch den Fachbereich Grünflächen
  • Anzucht von Pflanzen, Saatgutgewinnung, Öffentlichkeitsarbeit zur Dorfflora
  • Artenschutzprogramm für den Steinkauz, das vom städt. Umweltamt, Landwirten und der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld unterstützt wird
  • Nisthilfen für Schleiereulen, Turmfalken, Fledermäusen und Kleinvögel auf etlichen Bauernhöfen durch Landwirte und ehrenamtliche Naturfreunde
  • Anlage und Pflege von Bauerngärten an einigen Höfen
  • Zucht und Erhalt alter Geflügelrassen (Landhühner und -gänse, Enten, Tauben)

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