Station 11: Die Weberei
Diese Station umfasst den Bereich der Dalke in Höhe der ehemaligen Weberei Greve & Güth, die über die nach dem Fluss - wie könnte es anders sein - benannte Dalkestraße erreichbar ist. An dieser Stelle kreuzt auch die Bahnstrecke Köln - Hannover den Dalkebach.
Bestandteil dieser Station ist auch die Dalkebrücke an der Straße Unter den Ulmen, die hier in doppelter Hinsicht besondere Bedeutung hat:
Zwischen 1808 und 1813 verlief auf dieser Brücke die Grenze zwischen der damaligen Herrschaft Rheda mit dem Dorf Gütersloh und dem französisch beherrschten Großherzogtum Berg. Trotz Grenzpostens blühte damals ein lebhafter Schmuggel über den Fluss hinweg.
Auch für das Thema Hochwasser und Überschwemmungen hat diese Brücke eine besondere Bedeutung. Hier wurden seinerzeit 2 Hochwassermarken angebracht, die noch heute vorhanden sind.
Der Wassererlebnispfad Dalke befasst sich an dieser Station natürlich mit den vorgenannten Themenbereichen, wobei das Thema Hochwasser einen besonderen Schwerpunkt bildet. Lesen Sie hier eine Reihe von Berichten über Hochwasserereignisse zwischen 1946 und 1970. Ergänzend dazu gibt es einen Bericht über die Dalke als Grenzfluss. Informationen über die Geschichte der Weberei Greve & Güth und das Kulturzentrum Alte Weberei runden das Angebot zu dieser Station ab.
Die für diese Station vorbereitete Info-Tafel wurde wegen Beschädigungen wieder entfernt.
Die Geschichte der Weberei Greve & Güth
Im Jahre 1874 wurde die Firma Greve und Güth gegründet, sie war die erste mechanische Baumwoll-Weberei in Gütersloh. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Gebäudeteile, wie etwa das Kessel- und Maschinenhaus. Zur Jahrhundertwende folgten mit dem Kontor-Gebäude und dem großen Websaal bauliche Erweiterungen, die bereits erste Konturen der heutigen Erscheinung erkennen ließen. Durch den Bau weiterer Gebäudeteile in den Jahren 1912, 1922 bis 1924 sowie 1927 bekam die Weberei schließlich ihr heutiges Gesicht.
Bei einem alliierten Bombenangriff auf Gütersloh im März 1945 brannte der Gebäudekomplex fast vollständig aus, wobei die Außenmauern erhalten blieben. In den Nachkriegsjahren nahm man sich der Renovierungsarbeiten an.
Nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten stellte 1975 die Firma Greve und Güth ihren Betrieb ein. Das Gelände wurde 1977 von der Stadt Gütersloh gekauft und bis Mai 1980 zum Teil für die Vermietung von Lagerflächen verwendet.
Als Ende der 1970er Jahre ein Abriss der Weberei in Planung war, regte sich bei vielen Gütersloher Bürgern vehementer Widerspruch. Sie sahen in dem Gebäude ein Stück „Alt-Gütersloh“, das die Erinnerung an die Zeit der Industrialisierung wach hält. So wurde schließlich Ende November 1979 das Aktionskomitee „Rettet die Fabrik“ gegründet, es hatte sich das Ziel gesteckt die Öffentlichkeit zu informieren und sie für die Erhaltung der alten Weberei zu gewinnen.
Schlussendlich kam man zu dem Ergebnis, dass es in Gütersloh an Räumen für soziale und kulturelle Aktivitäten fehle und man das alte Fabrikgebäude dafür nutzen könnte. Der Rat der Stadt Gütersloh beschloss 1982 – maßgeblich beeinflusst durch Anregungen des Aktionskomitees –, die Nutzungsänderung zu erteilen sowie Bau- und Einrichtungskosten in Höhe von 2,25 Millionen D-Mark zu bewilligen. Am Freitag, dem 13. Januar 1984, wurde das „Bürgerzentrum Gütersloh“ in den Räumlichkeiten der alten Fabrik eröffnet. Im August 1984 wurde direkt an der neugestalteten Dalke-Promenade ein Gartencafe eingerichtet.
Die ehemalige Weberei „Greve & Güth“ wurde am 28.06.1989 in die Denkmalliste der Stadt Gütersloh eingetragen.
1993 eröffneten in einem von der Stadt errichteten Neubau die Kinos „Bambi“ und „Löwenherz“. In Folge einer organisatorischen und wirtschaftlichen Restrukturierung benannte sich die „Alte Weberei“ im Jahr 1996 in „Die Weberei“ um. Zudem folgte 2004 der Bau eines Skateparks.
Am 8. Januar 2007 meldete Die Weberei aufgrund von Überschuldung Insolvenz an, damit endete auch die Selbstverwaltung des Bürgerzentrums. Der Betrieb wird inzwischen von einer gemeinnützigen GmbH wirtschaftlich verantwortet.
Heute umfasst die Weberei ein Jugendzentrum, eine Kneipe, ein Kino mit 2 Sälen, 2 Diskoräume, eine Kleinkinderbetreuung sowie weitere Räumlichkeiten für kreative Betätigungen wie etwa Gymnastik, Ausdruckstanz, Fotografie, Malerei, Töpferei.
Des Weiteren werden in der Weberei regelmäßig Konzerte, Kleinkunst- und Theateraufführungen veranstaltet.
Die Dalke als Grenzfluss
Als früheste Erwähnung wird die Dalke als "Delina" in einer Urkunde aus dem Jahr 1001 bezeichnet, in der das Gebiet der Senne zwischen "Luthera flumina" (Lutterbach) und "Delina flumina" (Dalkebach) als Lehen des Paderborner Hochstiftes dem Grafen von Ravensberg zugeteilt wird. Sie wird damit zur Grenze zwischen dem westlich liegenden Ravensberg, den östlich liegenden Territorien Lippe (Amt Oerlinghausen) und Paderborn sowie Rietberg im Süden. Mit Delina ist hier der Menkhauser Bach gemeint, der im weiteren Verlauf zum Menkebach wird.
Aus Delina lässt sich der Name Linnenbach ableiten, der auf einer Reckenbergisch-rietbergischen Grenzkarte von 1583 beim so genannten Schmiedekolck, in der Nähe des Hofes Wulfhorst in Avenwedde, mit dem Menkebach zusammenfließt. Letzterer wird hier als „Dalke“ bezeichnet. Heute mündet der Menkebach hinter dem Hof Amtenbrink in Sundern in die Dalke.
Außer dem Menkhauser Bach bzw. Menkebach besitzt die Dalke 2 weitere Quellbäche auf Sennestädter Gebiet, den Sprungbach und den Bullerbach. Letzterer treibt die Freitagsche Mühle (später Winters Mühle an der Sender Straße in Bielefeld-Sennestadt) an. In Bielefeld-Eckartsheim vereinigen sich beide Flüsse und fließen unter dem gemeinsamen Namen Dalbeke (Talbach) bzw. Dalke (Dalcke) weiter.
1807 kommt das bis 1803 zum Fürstbistum Osnabrück, dann zum Kurfürstentum Hannover und ab 1806 zu Preußen gehörende Amt Reckenberg mit der Bauerschaft Kattenstroth zum Königreich Westfalen unter dem französischen König Jerome in Kassel. Die Herrschaft Rheda mit dem Dorf Gütersloh und den Bauerschaften Sundern, Pavenstädt, Nordhorn und Blankenhagen gehören von 1808-1813 zum französischen Großherzogtum Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf. Die Dalke bildet für das Kirchspiel Gütersloh die Grenze zwischen beiden Ländern. In dieser Zeit blüht der Schmuggel über den Fluss hinweg, trotz eines Grenzpostens an der heutigen Dalkebrücke an der Straße Unter den Ulmen.
Bis 1815 war die Dalke im Gebiet der Sürenheide Grenze zwischen der Grafschaft Rietberg und dem Amt Reckenberg, in anschließender preußischer Zeit zwischen den Ämtern Verl und Reckenberg. In der Nähe der Strangmühle erreicht sie das Kirchspiel Gütersloh, wo sie die südliche Grenze des Dorfes (seit 1825 Stadt) Gütersloh und dem Amt Gütersloh mit der Bauerschaft Sundern bildet. Thesings Mühle, die zum Meierhof Gütersloh gehört, liegt bereits auf Sunderaner Gebiet.
Im weiteren Verlauf ist die Dalke bis zur Einmündung des Wapelbaches Grenzfluss zwischen den Bauerschaften Pavenstädt und Kattenstroth (Amt Reckenberg).
Durch die Eingemeindungen 1910 und 1970 wurden die Grenzverhältnisse der Vergangenheit innerhalb des Stadtgebietes Gütersloh weitgehend aufgehoben. Heute ist sie im Bereich der Mühlen Ruthmann und Eikelmann Teil der Stadtgrenze zu Verl.
Hochwasser in Gütersloh
Auch wenn das Thema Hochwasser und Überschwemmungen als Folge von Tauwetter und Starkregenereignissen in Gütersloh heute praktisch keine Rolle mehr spielt und die Hochwassergefahr auch in der Zukunft als eher gering einzuschätzen ist, haben Überschwemmungen bis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts immer wieder zum Teil erhebliche Schäden verursacht.
Der älteste vorliegende Hinweis zu einem Hochwasserereignis in Gütersloh stammt aus dem Jahr 1841. In den Gütersloher Chroniken ist dazu folgender Hinweis zu finden: „Als Folge des ungewöhnlichen plötzlichen Tauwetters führten Dalke und Lutterbach Hochwasser, traten streckenweise über die Ufer und setzten besonders um den 17. Januar viele Keller unter Wasser.“
Danach scheint an der „Wasserfront“ lange Ruhe geherrscht zu haben. Die Gütersloher Chroniken berichten erst wieder im Jahr 1881, dass anhaltendes Regenwetter die Dalke über die Ufer treten ließ und weithin alles überschwemmte. Danach kam es erst im Jahr 1946 wieder zu einem besonderen Hochwasserereignis: „In der Nacht zum 8. Februar ereignete sich für Gütersloh die größte Naturkatastrophe seit über 100 Jahren. Die Dalke trat über die Ufer, floss durch die Blessenstätte, überschwemmte weite Teile der Stadt und richtete gewaltige Schäden an.“ In ihrer Ausgabe vom 22.07.1997 erinnert die Neue Westfälische ausführlich an dieses Hochwasserereignis.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder durch plötzlich einsetzendes Tauwetter und extreme Niederschläge zu Überschwemmungen, die ganze Straßenzüge und zahlreiche Keller unter Wasser setzten. Beispielhaft werden folgende Hochwasserereignisse genannt:
12.06.1956
05.12.1960
14.06.1966
30.08.1968
29.07.1969
23.02.1970
Über diese Ereignisse und das Hochwasser vom 08.02.1946 stehen Ihnen im Folgenden weitere ausführliche Berichte zur Verfügung.
Nach den Überschwemmungen der Jahre 1956 und 1960 wurde der Druck auf den Kreis Gütersloh (damals Kreis Wiedenbrück) als für den Gewässerausbau zuständige Behörde immer größer. Die Dalke sollte nun endlich so ausgebaut werden, dass künftig kein Hochwasser mehr befürchtet werden musste. Ende der 60er Jahre wurde dann mit dem Dalkeausbau begonnen. Die Arbeiten bestanden im Wesentlichen aus einer veränderten Gestaltung der Böschungsbereiche (unter anderem Spundbohlen aus Stahl) und der Verbreiterung des Bachbettes, um damit die möglichen Abflussmengen deutlich zu erhöhen. Stellenweise wurde der Verlauf der Dalke noch einmal geringfügig verändert.
Am 27.05.1978 titelte das Westfalen-Blatt: „Seit Dalkeregulierung keine Hochwassergefahr“. Obwohl zuvor an einem Tag Niederschlagsmengen von bis zu 50 Liter pro Quadratmeter, und damit so viel wie seit Jahren nicht mehr, gemessen wurden, war es zu keinen nennenswerten Schäden gekommen.
Hochwasser am Freitag, den 08. Februar 1946
Kaum waren die schlimmsten Spuren des zweiten Weltkrieges beseitigt, wurde Gütersloh von einer Naturkatastrophe heimgesucht, die in die Chroniken als "größte Naturkatastrophe seit über 100 Jahren" einging.
In der Nacht vom 7. zum 8. Februar 1946 trat die Dalke über ihre Ufer, überschwemmte weite Teile der Stadt und verwüstete den Stadtpark. Auch der Eisenbahnverkehr zwischen Ruhrgebiet und Minden musste umgeleitet werden, da die Dalkeunterführungen nicht mehr passierbar waren.
Im Stadtpark und im Botanischen Garten richtete das Hochwasser schwere Verwüstungen an. Durch die Wucht der strömenden Wassermassen wurden Löcher bis zu 1,50 Meter Tiefe gerissen und der Mutterboden fortgeschwemmt.
Besonders vom Hochwasser wurde das St.-Josephs-Haus an der Dalkestraße gegenüber dem St.-Elisabeth-Hospital betroffen. Dramatische Szenen müssen sich dort abgespielt haben:
Das in den Vormittagsstunden des 8. Februar minütlich steigende Hochwasser stand gegen Mittag so hoch, dass die Gefahr einer Abtrennung des Gartenhauses mit den Krankenräumen drohte. Drinnen standen die Schwestern bereits bis zum Oberkörper im Wasser als die Pflegekräfte in das Haus eindrangen um mit Tragbahren die Kranken in das Haupthaus zu schaffen. Die Gütersloher Zeitung zitiert in ihrer Ausgabe vom 10.2.1971 die Chronik der St.-Pankratius-Gemeinde: „Mit lawinenartiger Wucht strömten die Wassermassen in die Küchen- und Vorratsräume, schwemmten alles fort, was nicht fest mit dem Haus verbunden war.“ Die Verbindung zwischen dem Annaheim und dem Altersheim war völlig unterbrochen. Das Essen wurde in verschlossenen Kübeln von der Straße Unter den Ulmen über eine 2 Meter hohe Mauer zum Balkon heraufgereicht.
Mit dem Abpumpen der Wassermassen war die freiwillige Feuerwehr 3 Tage und Nächte durchgehend beschäftigt.
Auch wenn es bis 1970 immer wieder zu Überflutungen der Dalke kam, hat sich eine Katastrophe von derartigem Ausmaß danach in Gütersloh nie wiederholt.
Quellen:
- Gütersloher Zeitung vom 10.02.1971
- Neue Westfälische vom 22.07.1997
- Stadtarchiv Gütersloh
Die folgenden Bilder dokumentieren das Ausmaß der Katastrophe.
Hochwasser am Dienstag, den 12. Juni 1956
Betroffen war an diesem Tag vor allem der Bereich TWE-Bahnlinie / Verler Straße. Ausgelöst wurde das Hochwasser durch den Umflutgraben der Mühle Avenstroth an der Parkstraße. Dieser Umflutgraben zweigte damals in Höhe der heutigen Mansergh-Barracks von der Dalke ab. (Das Teilstück zwischen dem Abzweig an der Dalke und dem Stadtring Sundern existiert heute nicht mehr. Ab Stadtring Sundern ist der Umflutgraben heute noch vorhanden.) Von dort fließt das Wasser hinter den Grundstücken der zwischen TWE und Stadtring Sunden gelegenen Häuser, quert dort die Bahnlinie und die Verler Straße und fließt dann parallel zur Alten Verler Straße weiter. Der circa 770 Meter lange Graben mündet am Kinderheim an der Englischen Straße wieder in die Dalke. Im Zuge des Ausbaus der Verler Straße im Jahr 1934 wurde der Abschnitt des Umflutgrabens zwischen der TWE-Bahnlinie und der Verler Straße verrohrt.
Die am Dienstag, den 12.6.1956 durch diesen Umflutgraben fließenden Wassermassen waren so groß, dass bereits zum dritten Mal in diesem Jahr das Wasser in dem eigentlichen Flussbett nicht mehr abfließen konnte. Während die etwas höher liegenden Gleise vom Wasser nur geringfügig bedeckt waren, stand das Wasser auf der Verler Straße in einer Ausdehnung von etwa 150 Meter so hoch, dass die Polizei die Durchfahrt sperrte. Bis gegen Mittag war das Wasser sogar so hoch gestiegen, dass die Kellerräume der Häuser zwischen TWE und Stadtring Sundern nahezu vollständig überflutet waren.
Das Gütersloher Morgenblatt schreibt dazu am Mittwoch, den 13.06.1956: „Draußen stehende Fahrräder und Karren ragten nur oberhalb der Achse aus dem schmutzigen Nass heraus. Wo gestern auf mühsam bebautem Gartenland Gemüse und Blumen wuchsen, konnte man nur noch die Spitzen von Sträuchern und Reisig erkennen.“
Welche Ursache letztendlich die Überschwemmung ausgelöst hat, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Von den betroffenen Anwohnern wurde seinerzeit die Verrohrung des Umflutgrabens im Bereich der TWE/Verler Straße als Ursache genannt. Der Querschnitt der Rohre sei zu gering bemessen und habe die anfallenden Wassermengen nicht schnell genug ableiten können.
Quellen:
Gütersloher Morgenblatt vom 13.06.1956
NZO GmbH, 2005: Stellungnahme zu den Möglichkeiten einer Fischdurchgängigkeit am Wehr Avenstroth
Stadtarchiv Gütersloh
Hochwasser am Montag, den 5. Dezember 1960
Heftige Stürme, begleitet von Dauerregen, waren am Wochenende über Großbritannien, den Niederlanden und Nordwestdeutschland hinweggefegt. Besonders betroffen in Nordrhein-Westfalen waren das Münsterland und Ostwestfalen. Auch in Gütersloh ist die Dalke infolge der anhaltenden Niederschläge an vielen Stellen über das Ufer getreten und hat viele Gebiete der Stadt in eine Seenlandschaft verwandelt. Straßen, Wege und Parkanlagen waren überflutet; einige Straßen mussten sogar vollständig gesperrt werden. Besonders betroffen waren die Gebiete um die Verler Straße, die Mangelsdorfstraße, die Wiesenstraße, den Postdamm, die Blessenstätte, die Birkenstraße (seit 1970: Robert-Koch-Straße) und die Dalkestraße.
An der Verler Straße hatte sich im Bereich des TWE-Bahnübergangs ein See ausgebreitet, der an beiden Seiten der Straße das Gelände unter Wasser setzte. Der neu angelegte Fuß- und Radweg parallel zur TWE zwischen Verler Straße und der Straße Am Anger stand weitgehend unter Wasser. Ebenso waren die Häuser an der Verler Straße zwischen TWE und heutigem Stadtring Sundern akut gefährdet.
Während der Verkehr auf der Neuenkirchener Straße trotz Fahrbahnüberflutung aufrecht erhalten werden konnte, musste die Dalkestraße komplett gesperrt werden. Die Glocke schreibt dazu in ihrer Ausgabe vom 6.12.1960: “Die Dalkestraße musste gesperrt werden, da die durchfahrenden Autos hohe Bugwellen vor sich herschoben, wodurch weitere Wassermassen in die bereits unter Wasser stehenden Kellergeschosse des St.-Elisabeth-Hospitals und des gegenüber liegenden Annaheimes eindrangen.“ (Das St.-Elisabeth-Hospital stand damals an der Dalkestraße im Bereich des heutigen Altenzentrums Am Bachschemm.)
Auch die Erste Hilfe der Feuerwehr galt dem St.-Elisabeth-Hospital. Bei der ebenfalls vom Wasser völlig eingeschlossenen Klinik Dr. Murken an der Neuenkirchener Straße hatte eine Privatfirma das Auspumpen der Keller übernommen. Dennoch fielen in beiden Häusern die Heizungsanlagen aus. Im St.-Elisabeth-Hospital musste auch die im Keller befindliche Küche geräumt werden.
Quellen:
Freie Presse vom 6.12.1960
Gütersloher Zeitung vom 5.12.1960 / 6.12.1960
Die Glocke vom 6.12.1960
Gütersloher Morgenblatt vom 6.12.1960
Die folgenden Bilder geben einen Überblick über das Ausmaß des Hochwassers vom 5.12.1960:
Hochwasser am Dienstag, den 14.Juni 1966
Auch wenn diesmal die Dalke und ihre Nebenarme für dieses Hochwasserereignis nicht verantwortlich waren, wurden durch die Überschwemmungen dennoch zum Teil erhebliche Schäden verursacht.
Unter der Überschrift „Gütersloh – an die Wasserfront versetzt“ schreibt die Westfälische Zeitung in ihrer Ausgabe vom 15.6.1966: „In diesem heißen Frühsommer mit seinen Extremtemperaturen freilich wurden die Gütersloher in diesen Tagen gleich zweimal an die Wasserfront versetzt. Kaum waren die Folgen der Wolkenbrüche, die am Sonntag niedergegangen waren, überwunden, da öffnete der Himmel am Dienstagmittag unter Blitz- und Donnergetöse seine Schleusen erneut. Innerhalb von wenigen Minuten standen die meisten Straßen der Innenstadt unter Wasser, verwandelten sich die tiefer gelegenen Kreuzungen in knietiefe Teiche, liefen die Unterführungen wieder voll.“
Aber nicht nur die Straßen, sondern auch die Keller der angrenzenden Häuser standen unter Wasser. Besonders betroffen waren diesmal (wieder) die Eickhoff-, Kaiser- und Berliner Straße sowie die Blessenstätte. Die Feuerwehr war mit sämtlichen Fahrzeugen im Einsatz. Ausgepumpt werden mussten unter anderem die Keller des Hauptbahnhofes, des St.-Elisabeth-Hospitals (Dalkestraße) und der AOK (Dr.-Kranefuß-Straße). Selbst bei den Stadtwerken in der Barkeystraße stand das Wasser in der Lehrküche 30 Zentimeter hoch; außerdem wurde das Lager und der Aktenkeller überschwemmt.
Quellen:
Westfälische Zeitung vom 15.6.1966
Die Glocke vom 15.6.1966
Stadtarchiv Gütersloh
Die nachfolgenden Bilder aus der Westfälischen Zeitung und Die Glocke vom 15.6.1966 geben einen Eindruck von den Ereignissen:
Hochwasser am Freitag, den 30. August 1968
Auch dieses Mal sorgte ein kräftiges Sommergewitter mit heftigen Niederschlägen dafür, dass manche Straßen bis zu 30 Zentimeter unter Wasser standen und zahlreiche Keller vollgelaufen waren.
Gegen 18.30 Uhr gingen die ersten Hilferufe, Keller auszupumpen, bei der Feuerwehr ein. 2 Stunden später lagen bereits an die 60 Meldungen vor. Betroffen war wieder mal das Josefshaus und das Annaheim an der Dalkestraße und die Klinik Dr. Murken an der Neuenkirchener Straße. Die unten stehenden Bilder zeigen das Ausmaß der Überschwemmungen in der Blessenstätte/Herzebrocker Straße.
In Isselhorst, Blankenhagen und im Bereich der Kahlertstraße brach die Telefonverbindung zusammen. Ein Blitzschlag im Wiedenbrücker Umspannwerk der VEW führte zu vorübergehenden Stromausfällen in Wiedenbrück und Teilen Güterslohs.
Besonders tragisch: In Rheda wurde ein Mann durch Blitzschlag getötet.
Quellen:
Gütersloher Morgenblatt v. 2.9.1968
Stadtarchiv Gütersloh
Hochwasser am Dienstag, den 29. Juli 1969
Gerade einmal 11 Monate war es her, als weite Teile der Stadt Gütersloh nach einem kräftigen Sommergewitter unter Wasser standen, als erneut ein Gewitter mit heftigen Niederschlägen über Gütersloh hinwegzog.
Zeitweise war Gütersloh eine geteilte Stadt, da sämtliche Eisenbahnunterführungen unter Wasser standen und nur noch Lastwagen und Busse eine Durchfahrt wagen konnten.
Der mit dem Gewitter aufgekommene Wirbelsturm riss an der Bismarckstraße in Höhe des Amtsgerichtes einen starken Baum aus der Erde. Die Glocke schreibt weiter in ihrer Ausgabe vom 30.7.1969: „Im Stadtgebiet wurden zahlreiche Bäume entwurzelt oder glatt „geköpft“, dicke Äste und Blattwerk bedeckten die Straßen. Der Wirbelsturm fällte Bäume besonders in der Moltkestraße, Bismarckstraße und Schulstraße.“
Auch die Gütersloher Feuerwehr war erneut im Großeinsatz:
In der Hagenstraße schlug der Blitz in den Dachstuhl eines Hauses ein, der diesen in Brand setzte. Das Feuer konnte jedoch schnell gelöscht werden; Menschen kamen nicht zu Schaden.
Wie schon vor einem Jahr mussten auch diesmal wieder zahlreiche Keller ausgepumpt werden, vor allem in der Moltkestraße, Königstraße, Bismarckstraße und am Nordring. Unter Wasser standen aber auch der Hauptbahnhof Gütersloh und das St.-Elisabeth-Hospital ebenso wie die Blessenstätte von der Feldstraße bis zur Friedhofstraße.
Quellen:
- Neue Westfälische vom 30.7.1969
- Die Glocke vom 30.7.1969
- Stadtarchiv Gütersloh
Hochwasser am Sonntag/Montag, den 22./23. Februar 1970
Einsetzendes Tauwetter ließ auch die Wasserstände der Dalke kräftig anschwellen. In der Stadt wurde der Höhepunkt am Sonntagabend erreicht und die Dalke trat an der Verler Straße in Höhe des Kaufparks (heute: Real-Markt) und an der Dalkestraße in Höhe des St.-Elisabeth-Hospitals über die Ufer. Während es der Feuerwehr gelang, mittels eines Schutzwalles aus Sandsäcken die Keller des Krankenhauses vor Überflutung zu schützen, stand das Annaheim erneut unter Wasser. Die Neue Westfälische zitiert in ihrer Ausgabe vom 24.2.1970 den damaligen Verwaltungsleiter des Krankenhauses, Peter Wemhoff: "Das Annaheim steht bei Überflutung ständig unter Wasser, da ist einfach nichts zu machen."
Ebenfalls erneut betroffen waren die Bewohner der Häuser (trotz Vorsichtsmaßnahmen liefen die Keller voll Wasser) an der Verler Straße in der Nähe der TWE-Bahnlinie. Das Hochwasser erreichte dort seinen höchsten Stand am Montag gegen 11.00 Uhr vormittags. Während dieser Zeit wurde die Verler Straße von der Polizei für mehrere Stunden gesperrt.
Quellen:
- Neue Westfälische vom 24.2.1970
- Stadtarchiv Gütersloh
Die folgenden Bilder wurden von Mitarbeitern des Kreistiefbauamtes, die seinerzeit mit den Arbeiten zum hochwassersicheren Ausbau der Dalke befasst waren, aufgenommen:
Kulturzentrum Die Weberei
Die Weberei Gütersloh ist ein Kulturzentrum mit Jugendzentrum, Skatepark, Kneipe, Biergarten, Kinos, Diskoräumen sowie weiteren Räumlichkeiten für kreative Betätigungen (Gymnastik, Ausdruckstanz, Malerei, Schauspiel, Rock- und Popmusik, Klassische Musik) sowie soziale und gesellschaftliche Treffen und Veranstaltungen. Regelmäßig finden Konzerte, Kleinkunst- und Theateraufführungen, auf dem umgebenden Freigelände Flohmärkte und Gartenfeste statt. Das Bürgerzentrum ist Treffpunkt subkultureller Szenen und des "Gütersloher Undergrounds".
Die Anlage steht als "beeindruckendes Industrieensemble von der Gründerzeit bis 1927" unter Denkmalschutz. Die aus rotem Vollziegelmauerwerk erbaute Fassade zeigt mit Verzierungen aus gelben Backsteinen und der Gestaltung durch schlanke Lisenen (schmaler aus der Wand hervortretender (Mauer-)Streifen zu ihrer senkrechten Gliederung oder Verstärkung) ein typisches Bild einer Fabrik der Gründerzeit. Allerdings sind nur noch die Außenmauern originaler Bestand: Bomben vernichteten im Zweiten Weltkrieg nahezu 80 Prozent des Inneren der Gebäude. Das fast komplett erhaltene Ensemble der Fabrikgebäude ist dennoch ein bedeutendes Industriedenkmal der Stadt Gütersloh.
Die Weberei Greve und Güth wurde 1874 als erste mechanische Baumwollweberei in der Stadt gegründet. Aus dieser Bauzeit stammen noch das Kesselhaus, das Maschinenhaus, das Stückwarenlager und die Websäle. Damals arbeiteten hier 13 Arbeiter an 20 Webstühlen, die durch eine Dampfmaschine angetrieben wurden. Im Jahr 1892 wurde die Produktion um eine Näherei erweitert. Der erhaltene Websaal IV und das Kontorgebäude (an der Bahnstrecke) wurden 1901 errichtet. Weitere Anbauten entstanden in den Jahren 1912 bis 1927.
Bis 1939 stieg die Zahl der Beschäftigten auf 447 Personen an, die an 400 Webstühlen arbeiteten. Im Zuge der Textilkrise kamen 1975 Produktion und Verkauf zum Erliegen. Zu dieser Zeit arbeiteten in der Fabrik noch 140 Menschen. Die Stadt Gütersloh kaufte das Gelände für die Stadtentwicklung auf.
Gegen den Abriss des Komplexes regte sich bei vielen Gütersloher Bürgern Widerspruch. Sie alle betrachteten das Gebäude als ein Stück „Alt – Gütersloh“, das im Stadtbereich die Erinnerung an die Zeit der Industrialisierung wach hält. Ende November 1979 bildete sich ein Aktionskomitee „Rettet die Fabrik“. Die Gebäude sollten für soziale, kulturelle und andere Einrichtungen genutzt werden. Der Stadtrat beschloss 1982 die Einrichtung eines „soziokulturellen Zentrums“ und bewilligte Finanzmittel in Höhe von 2,25 Millionen D-Mark. Am Freitag, dem 13. Januar 1984, wurde das „Bürgerzentrum Gütersloh“ eröffnet.
Die Stadt Gütersloh hat den Betrieb des Kultur- und Bürgerzentrums aktuell auf eine gemeinnützige GmbH übertragen. Daneben unterstützt ein Förderverein die soziokulturellen Aktivitäten der Einrichtung.
Textautor: Wolfgang Hein