In den Anfängen der Abwasserbeseitigung wurde das Niederschlagswasser zusammen mit dem Schmutzwasser in Rinnen und Gräben abgeleitet. Das Niederschlagswasser wurde auch in Zisternen gesammelt und für Wäschewaschen und zur Gartenbewässerung genutzt. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden bereits die ersten Abwasserkanäle im Stadtgebiet erstellt.
Dort wo keine Gräben oder Kanäle vorhanden waren, wurde das Schmutzwasser auf dem Grundstück über einfache Klärgruben gereinigt und das vorgereinigte Abwasser im Boden versickert. Das Regenwasser wurde über Schächte oder Drainageleitungen auf dem Grundstück versickert.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Regenwasserkanäle in Gütersloh erstellt.
In der Polizeiverordnung der Stadt Gütersloh von 1915 wurde erstmals geregelt, dass das Niederschlagswasser nicht mehr zusammen mit dem Schmutzwasser abgeleitet werden darf. Bei einer Einzelbebauung musste dann das Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickert werden. Im innerstädtischen Bereich, dort wo die Grundstücksgröße eine Versickerung nicht zuließ, musste das Niederschlagswasser in gesonderte Regenwasserkanäle abgeleitet werden. Häufig wurde aber auch das Niederschlagswasser einfach auf die Straße abgeleitet, wo es von den Straßeneinläufen aufgenommen wurde.
Fortan wurde in Gütersloh das Niederschlagswasser, sofern es nicht auf den privaten Grundstücken beseitigt werden konnte, den städtischen Regenwasserkanälen zugeführt.
Heute
Die Anforderungen an die Regenwasserbeseitigung haben sich seitdem stetig erhöht. Zum einen steht der Grundwasserschutz und auf der anderen Seite der Hochwasserschutz bzw. die hydraulische Belastung der Gewässer im Fokus.
So muss das Niederschlagwasser aus der städtischen Kanalisation über Regenklärbecken vorbehandelt oder Regenrückhaltebecken gespeichert werden bevor es in einen Bach geleitet werden darf. Aber auch die Anforderungen an die Grundstückseigentümer haben sich erhöht. Ab dem Jahr 1991 ist für die Versickerung des Niederschlagswassers auf den Grundstücken eine wasserrechtliche Erlaubnis einzuholen. Hierdurch soll erreicht werden, dass das Niederschlagswasser nicht direkt in das Grundwasser eingeleitet wird, sondern vorher vom Boden gereinigt wird. Niederschlagswasser von mit Pkw befahrenen Hofflächen darf nur nach Vorbehandlung versickert werden, sofern es nicht oberirdisch abgeleitet wird.
Durch zunehmende Bautätigkeit in den letzten Jahrzehnten reduzieren sich die unbebauten Grundstücksflächen (Erhöhung der Versiegelung). Insbesondere im innerstädtischen Bereich führt dies zu Problemen bei der Regenwasserbeseitigung. Auf den Grundstücken ist häufig kein Platz für eine Versickerung und die Regenwasserkanäle sind in einigen Fällen nur für die Straßenentwässerung ausgelegt. Bei extremen Regenereignissen kann es zur Überlastung der Regenwasserkanäle kommen.
Zudem führt die verstärkte Ableitung des Niederschlagswassers über die Kanalisation zur hydraulischen Belastung der Gräben, Bäche und Flüsse. Überschwemmungen der Straßen oder auch extremes Hochwasser in den Gewässern ist dann die Folge.
Hier werden als Gegenmaßnahmen die Vergrößerung der Regenwasserkanäle, der Bau von Regenrückhaltebecken und Renaturierungsmaßnahmen am Gewässer ergriffen. Positive Erfolge werden aber auch durch Flächenabkopplungen erreicht. Hierbei werden zuvor an den Regenwasserkanal angeschlossene befestigte Flächen entweder zurückgebaut (entsiegelt) oder an Versickerungsanlagen angeschlossen. Durch Einführung der Niederschlagswassergebühr im Jahr 2003 konnten hier auch finanzielle Anreize für den Grundstückseigentümer geschaffen werden.
Bei Neuerschließungen von Baugebieten werden auch Anforderungen zur Niederschlagwasserbeseitigung in den Bebauungsplänen getroffen. So werden zum Beispiel Versickerungsanlagen für Niederschlagswasser auf den Baugrundstücken gefordert oder im Baugebiet zentrale städtische Versickerungsanlagen errichtet. Bei gewerblichen Grundstücken werden zum Teil auch Rückhalteanlagen gefordert.
Text: Jürgen Kruck, Stadt Gütersloh, Fachbereich Tiefbau