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Historisches Gedächtnis der Stadt Gütersloh

24.03.2021

Stadtarchivar Stephan Grimm geht in den Ruhestand.

Stadtarchivar Stephan Grimm und Kulturdezernent Andreas Kimpel halten eine Zeitung aus dem Jahr 1833 in den Händen.
Arbeitsplatz Archiv : Stephan Grimm (vorn) und Andreas Kimpel präsentieren die historische Stadtchronik und – im Vordergrund – ein Exemplar der von Carl Bertelsmann im Steindruck erstellten zeitung aus dem Jahr 1833.

Er war fast 40 Jahre lang das „historische Gedächtnis“ der Stadt Gütersloh. Jetzt geht Stadtarchivar Stephan Grimm in den Ruhestand. Das Terrain für seine Nachfolge ist gut bestellt.

Er war der erste „Profi“, der das Archiv der Stadt verwaltete und fortführte: Am 1. Oktober 1984 trat Stephan Grimm in den Dienst der Stadt Gütersloh, da hatte der junge Archivar gerade seine Ausbildung zum „gehobenen Archivdienst“ im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf erfolgreich abgeschlossen. Was er vorfand, beschreibt ein Zeitungsartikel aus diesem Jahr: „Aktenberge aus zwei Jahrhunderten“ im 2. Untergeschoss des Rathauses – „über sechs Keller verteilt.“ Folglich waren die Keller und ein kleines Büro im „Obergeschoss“ sein erster Arbeitsplatz.

Lokale Geschichte erlebbar und begreifbar machen

Seinen Abschied nimmt er jetzt in einem zum Archiv umgebauten historischen Gebäude an der Moltkestraße, das Stadt und Kreis sich teilen. Die ehemalige Schule ist ein lichtdurchflutetes Haus mit einem zeitgemäßen Magazin, mit modernen Arbeits- und Studienräumen sowie Ausstellungsflächen. Denn auch letzteres war ein Anspruch, den Stephan Grimm neben der „klassischen“ Archivtätigkeit immer verwirklicht hat: Archivmaterial zugänglich und lokale Geschichte erlebbar und begreifbar zu machen.

Ansprechpartner für historische Veröffentlichungen aller Art

So hat er unzählige Schüler, Schülerinnen und Studierende bei der Erstellung ihrer Arbeiten unterstützt, hat Einzelanfragen recherchiert und war Ansprechpartner für historische Veröffentlichungen aller Art. In kürzester Zeit hat sich der gebürtige Siegener beeindruckendes Gütersloher Faktenwissen angeeignet, so dass er ohne Übertreibung als eine Art „lebendiges Kompendium“ der Lokalgeschichte gelten darf und vieles bereits „aus dem Stand“ beantworten konnte, bevor er es noch einmal gewissenhaft mit Quellen untermauerte.

Enge Kooperation mit dem Stadtmuseum

Licht ins Dunkel hat er nicht nur in die Verwaltungsarchivalien der städtischen Kellergewölbe gebracht. Das Gütersloher Stadtarchiv kann heute unter anderem auf zahlreiche Nachlässe verweisen, die ihm überlassen wurden, darunter Firmenarchive, Bildersammlungen und auch Gegenständliches. Rund 39 000 Fotos und rund 1,2 Regal-Kilometer gehören zum Bestand im Magazin des Stadtarchivs. Einiges davon hat man in Ausstellungen im Stadtmuseum gesehen, mit dem das Archiv, das zum städtischen Fachbereich Kultur gehört, immer eng kooperiert hat. Andere Schätze gilt es noch zu erforschen – zum Beispiel im zweiten Teil der Gütersloher Stadtgeschichte, die bis zum Jubiläumsjahr 2025 erarbeitet werden soll.

Ausschließlich digitale Führung ist undenkbar

Mit drei Kernaufgaben beschreibt Stephan Grimm das Arbeitsfeld, das er in den vergangenen 37 Jahren geprägt und weiterentwickelt hat: Übernahme und Sicherung des Materials, Erschließung von Quellen und die Vermittlung, sprich Bildungsarbeit. Das gilt auch für die Gegenwart und Zukunft, in der der Frage der Digitalisierung und der Frage, in welcher Form wir welche Archivalien erhalten eine wesentliche Bedeutung zukommt. Dass Archive ausschließlich digital geführt werden, ist für Stephan Grimm letztlich jedoch undenkbar. Das wäre wohl auch ein Verlust, denn die Vielfalt der Quellen nennt Grimm, wenn man ihn nach der Faszination fragt, die diesen Beruf ausmacht. Als Beispiele aus dem Gütersloher Schatzkästchen nennt er unter anderem eine Daguerreotypie des Unternehmers August Vogt oder die älteste im Archiv lagernde Zeitung von 1833 – erstellt im Steindruck von Carl Bertelsmann.

„Hohe fachliche Kompetenz und menschliche Nähe,“ so beschreibt Andreas Kimpel als Beigeordneter für Kultur auch zuständig für das Stadtarchiv die Zusammenarbeit mit Stephan Grimm in den vergangenen 15 Jahren. Mit Blick auf den Stellenwert, den Erinnerungskultur und auch eine Fortschreibung der Stadtgeschichte einnehmen, sieht er die Arbeit des Stadtarchivs in einer besonderen Rolle. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang auch der „Wissenstransfer“ an die Nachfolge, für die zurzeit laut Kimpel das Bewerbungsverfahren läuft. Andreas Kimpel fasst das so zusammen: „Stephan Grimm hat ein immenses Wissen – oder anders gesagt: extrem viel auf der Festplatte.“