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Von innen gestützt

01.09.2022

Neues OP-Verfahren bei der Versorgung von komplexen Erweiterungen der Bauchschlagader im Klinikum Gütersloh.

Es tut nicht weh und bleibt oft unbemerkt, ist aber lebensbedrohlich: das Bauchaortenaneurysma, eine Erweiterung der Hauptschlagader. Dass auch Barbara Hensdiek aus Gütersloh diese tickende Zeitbombe in sich trug, wurde nur durch Zufall entdeckt: „Bei einer CT-Untersuchung meines Darms haben die Radiologen es glücklicherweise gefunden“, so die 84-jährige. Dank der rechtzeitigen Entdeckung und einer speziellen und seltenen Operationsmethode konnte die gefährliche Erkrankung erfolgreich in der Klinik für Gefäßchirurgie im Klinikum Gütersloh behandelt werden.

Bei einem Bauchaortenaneurysma erweitert sich die Hauptschlagader im Bauch und entwickelt sich im Lauf der Zeit zu einer immer dünnwandigeren Aussackung. Bleibt ein solches Aneurysma der Bauchaorta unerkannt, kann die Aussackung reißen und zu gefährlichen inneren Blutungen führen. Die Gefahr einer solchen Ruptur steigt mit dem Durchmesser des Aneurysmas, so dass in der Regel ab einer Größe von mehr als fünf Zentimetern eine Gefäßprothese eingesetzt wird, die die Arterie stabilisiert. Lange Zeit wurden diese Operationen ausschließlich offen durchgeführt, also unter Eröffnung des gesamten Bauchraums und des Brustkorbs. „Zum Einsetzen der Prothese muss dann der Blutkreislauf unterbrochen werden, was schwerwiegende Folgen für die Organe haben kann. Auch die Gewebeverletzungen durch den großen Schnitt sind erheblich, so dass es während und nach der Operation zu schweren Komplikationen kommen kann“, so Fahed Kazkaz, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie. Die operativen Methoden haben sich seither jedoch erheblich verbessert: Mit der Entwicklung der so genannten endovaskulären Gefäßchirurgie können die Prothesen nun mit nur kleinen Schnitten über die Leistengefäße bis zur Aorta vorgeschoben und von innen angebracht werden.

Bei Barbara Hensdiek wurde die gefährliche Aussackung zwar rechtzeitig erkannt, dennoch konnten die Ärzte der Klinik für Gefäßchirurgie sie nicht direkt operieren, da nicht nur die Hauptschlagader, sondern auch weitere Arterien vergrößert waren: „Meistens beginnt ein Aneurysma deutlich unterhalb der beiden aus der Aorta abgehenden Nierenschlagadern. In diesen Fällen kann die Behandlung in der Regel mit Standard-Prothesen erfolgen, die wir für akute Notfälle immer vorrätig haben. Bei Frau Hensdiek jedoch lag ein Aortenaneurysma mit Beteiligung weiterer innerer Organe vor: Die aus der Bauchschlagader abgehenden Seitenäste zu den Nieren, der Leber, der Milz, dem Magen und dem Darm waren ebenfalls betroffen. Die Durchmesser und die Lage dieser abzweigenden Gefäße sind bei jedem Menschen unterschiedlich, so dass wir für Frau Hensdiek eine speziell zugeschnittene Gefäßprothese anfertigen lassen mussten“, erläutert Chefarzt Fahed Kazkaz. Nach einer speziellen Angio-Computertomographie, bei der die Position der jeweiligen Arterien und Blutgefäße in 1mm Schichten exakt ausgemessen wurden, wurde eine individuelle Prothese für die Patientin produziert und in einer aufwändigen Operation eingesetzt.

Für einen Eingriff dieser Art ist eine hohe gefäßchirurgische Qualifikation notwendig, sie gilt als eine der schwierigsten Operationen überhaupt. Nur wenige Kliniken in Deutschland sind in der Lage, einen solchen Eingriff durchzuführen. „Die Schwierigkeit besteht darin, dass man die Prothese sehr genau positionieren muss, insbesondere an den Stellen, wo die sich die Abgänge für die Arterien befinden, die die Blutversorgung der Organe sichern. Gelingt dies nicht, würde dies sofort zu Durchblutungsstörungen in den Organen führen“, erläutert Fahed Kazkaz.

„Ich habe jetzt innere Werte“, lacht Barbara Hensdiek angesichts der teuren maßgeschneiderten Prothese. „Der Eingriff ist gut verlaufen und auch die CT-Nachkontrolle sieht gut aus. Ich bin dem Team der Gefäßchirurgie im Klinikum sehr dankbar.“

Das Bauchaortenaneurysma

Von einem Bauchaortenaneurysma sind meist Menschen über 60 Jahre betroffen, in Einzelfällen auch jüngere Patienten. Rauchen, hoher Blutdruck oder Stoffwechselstörungen können zur Erweiterung der Arterie führen. Entdeckt wird die Erkrankung in der Regel erst durch eine Ultraschalluntersuchung des Bauches – Symptome oder Warnzeichen gibt es häufig nicht. Im Laufe der Jahre erweitert sich die Arterie immer weiter und wird so zur tödlichen Gefahr: Jährlich sterben vermutlich zehntausende Patienten an den Folgen einer geplatzten Bauchschlagader. Aneurysmen im Bauchraum sind besonders problematisch, da von hier alle lebenswichtigen Organe mit Blut versorgt werden. Durch medizinische Fortschritte kann diese Erkrankung heute durch eine Ultraschalluntersuchung frühzeitig erkannt werden. Die Klinik für Gefäßchirurgie im Klinikum Gütersloh ist das einzige zertifizierte Gefäßzentrum im Kreis Gütersloh und auf die Diagnose und Therapie des Bauchaortenaneurysmas spezialisiert.