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Mehr Beteiligung, mehr Transparenz: der Gütersloher Bürgerrat

Gütersloh setzt auf den Rat der Bürger und Bürgerinnen und führt im Herbst 2022 den ersten „Bürgerrat“ durch. Das Ziel: Wissen und Input aus der Mitte der Bevölkerung. Der Anspruch: Mehr Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen, mehr Transparenz und Motivation, dieses Mitsprache-Instrument auch in Zukunft fest zu etablieren. Grundlage ist der Beschluss des Rates vom 26.11.2021, mit dem die Verwaltung beauftragt wurde, einen Bürgerrat zu organisieren.

Meeting

Orientiert am so genannten „Vorarlberger Modell“ hat die Stadt Gütersloh mit Bürgermeister Norbert Morkes an der Spitze ein Verfahren entwickelt, das niedrigschwelligen Zugang erlaubt und einfach nachzuvollziehen ist. Basis ist die Zufallsauswahl. Filter Kriterien wie Alter, Geschlecht, Sozialraum sollen Diversität sicherstellen. 25 unterschiedliche Menschen werden sich gemäß dieser Auswahl und ihrer Zusage zum Bürgerrat treffen, um das Thema zu erörtern und Empfehlungen dazu zu erarbeiten – Empfehlungen aus der Vielfalt der Lebenserfahrungen und den Perspektiven des persönlichen Alltags, denn genau das ist mit dem Knowhow der Bürgerräte gefragt.

Die Ergebnisse bleiben allerdings nicht als „exklusive“ Empfehlung einer 25-er Gruppe bestehen, sondern sie sind die Vorlage für ein Zukunftsforum, das zum einen als öffentliche Präsenzveranstaltung stattfindet, aber auch eine Internetplattform öffnet die Diskussion und Meinungsbildung zum Thema und den Empfehlungen. Am Ende steht ein Ergebnis aus all diesen Bestandteilen, das als Umsetzungsempfehlung an den Rat der Stadt geht.

Häufig gestellte Fragen - FAQ

Was ist ein Bürgerrat?

Bürgerräte setzen auf das Losverfahren. Die Teilnehmenden werden per Zufallsauswahl aus dem Einwohnermelderegister ermittelt und eingeladen an einem Bürgerrat mitzuarbeiten. Abends oder an Wochenenden treffen sich die zufällig ausgewählten Personen, um die Fragestellung zu diskutieren und Lösungsvorschläge zu finden. Mit Hilfe der Zufallsauswahl soll es gelingen, auch die Menschen einzubinden, die sich häufig nicht engagieren, weil sie z.B. nicht über höhere Bildungsabschlüsse verfügen.

Bürgerräte sollen in ihrer Zusammensetzung einen Querschnitt der jeweiligen Stadtgesellschaft abbilden. D.h., sie sollen im Hinblick auf z.B. Alter, Geschlecht, Bildung, Wohnort und Migrationserfahrung die Zusammensetzung der Bevölkerung repräsentieren und somit möglichst divers sein. Dadurch bringen die Menschen in einem Bürgerrat eine große Vielfalt an Lebenserfahrungen und Perspektiven ein. Diese Diversität soll für ein hohes Diskussionsniveau und für qualitativ hochwertige Ergebnisse sorgen.

Der Begriff “Bürgerrat” ist nicht eindeutig definiert und führt bei vielen Menschen zu falschen Assoziationen, vor allem, weil er schnell als “Alternative zum Stadtrat oder Parlament” verstanden wird. Ein Bürgerrat ist jedoch eine beratende Form der Beteiligung. Er spielt in der repräsentativen Demokratie eine Ratgeber-Rolle und kann der Politik als Kompass für anstehende Entscheidungen dienen.

Wie kam es zum Gütersloher Bürgerrat?

Das Thema Bürgerrat beschäftigt Bürgermeister Norbert Morkes schon lange.

Bei dem unter der Schirmherrschaft des damaligen Bundestagspräsidenten, Wolfgang Schäuble, durchgeführten Bürgerrates Demokratie im Jahr 2019, war er zuletzt bei einer Regionalkonferenz, die in Gütersloh stattfand, dabei.

Schließlich nahm Norbert Morkes das Thema Bürgerrat auch im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in 2020 auf.

Im Februar 2020 wurde von einer Bürgerinitiative ein Antrag an den Rat der Stadt Gütersloh gestellt, einen Bürgerrat durchzuführen. Dieser wurde in der Sitzung des Hauptausschusses vom 16.03.2020 mehrheitlich angenommen. In der Ratssitzung am 26.11.2021 hat dieser schließlich die Verwaltung mit der Durchführung eines Bürgerrates beauftragt.

Kontakte des Bürgermeisters zum Verein Mehr Demokratie e.V. (https://www.mehr-demokratie.de/) stellten die Vernetzung zum LOSLAND-Projekt her (https://losland.org/). LOSLAND ist selber Teil eines Modellprojektes, das von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert wird. LOSLAND begleitet Kommunen in ganz Deutschland dabei, vor Ort eine enkeltaugliche Zukunft zu gestalten. Dafür entwickelt LOSLAND mit den Kommunen passgenaue Beteiligungsprozesse. Gütersloh ist dabei eine von zehn LOSLAND Kommunen. Auf der Grundlage des Ratsbeschlusses vom 26.11.2022 hat die Verwaltung eine Steuerungsgruppe einberufen, in der auch Mitglieder des Rates vertreten sind. Die Steuerungsgruppe gestaltet den Bürgerratsprozess in Gütersloh

Wie werde ich Mitglied eines Bürgerrates?

Bürgerräte haben als ein Wesensmerkmal, dass ihre Zusammensetzung nach dem Zufallsprinzip geschieht. Konkret heißt das für den Bürgerrat in Gütersloh, dass Bürgerinnen und Bürger aus dem Einwohnermelderegister unter Berücksichtigung der Kriterien Alter, Geschlecht und Sozialraum/Ortsteil herausgefiltert werden. Die per Zufall ausgewählten Bürgerinnen und Bürger erhalten ein Einladungsschreiben von Bürgermeister Norbert Morkes.

Wer hat das Thema/die Leitfrage des Gütersloher Bürgerrates festgelegt?

Die Festlegung der Themen von Bürgerräten kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Vorschläge können sowohl vom Rat der Stadt selber aber auch aus der Bürgerschaft, oder aus der Verwaltung kommen. Als teilnehmende Stadt am LOSLAND Projekt kam das Thema Enkeltauglichkeit gleich mit. Dieses hat Gütersloh für sich in Abstimmung mit der Steuerungsgruppe in das konkretere Thema „Teilen“ übersetzt.

Brauche ich Fachwissen, um an einem Bürgerrat teilnehmen zu können.

Zur Teilnahme an Bürgerräten bedarf es keiner besonderen Vorkenntnisse. Gerade der Aspekt, dass die ausgelosten Teilnehmenden Expert*innen ihrer eigenen Lebensrealitäten sind, eröffnet die Möglichkeit, zu kreativen Ansätzen bei der zu beratenden Fragestellung zu kommen.

Was haben Politiker von einem Bürgerrat?

Durch Bürgerräte erhalten Politikerinnen und Politiker eine Orientierung darüber, wie ein Ausschnitt der Bevölkerung über eine aktuelle Frage denkt. Die in einem Bürgerrat formulierten Handlungsempfehlungen können als hilfreicher Kompass für politische Entscheidungen in Räten und Parlamenten dienen.

Was haben die Teilnehmenden davon?

Mitglieder von Bürgerräten lernen, wie kompliziert politische Entscheidungsprozesse sein können. Sie erfahren, in welchen schwierigen Abwägungsprozessen sich Ratsmitglieder bei Entscheidungen nicht selten befinden. Dies kann zu einer Veränderung der Einstellung gegenüber der Arbeit von Abgeordneten führen. Des Weiteren ermöglicht die aktive Teilnahme an einem Bürgerrat das Mitgestalten von relevanten Themen vor Ort.

Fast alle Ratsmitglieder haben Themen, für die sie sich besonders begeistern. Oft finden diese aber in den Gremien nicht genug Aufmerksamkeit. Oder eine Entscheidung darüber wird aufgrund ideologischer Differenzen blockiert, oder sie fällt unbefriedigend aus. Wenn auch die Bevölkerung dies kritisch sieht, kann ein Bürgerrat für nicht oder unbefriedigend behandelte Probleme eine tragfähige Lösung finden. Damit eröffnen sich auch für gewählte Vertreter neue Wege, eine breite Debatte zu einem ihnen wichtigen Thema zu erreichen.

Ein weiteres Argument: Politikerinnen und Politiker sind oft mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie fernab der Sorgen der Menschen „da draußen“ entscheiden und wichtige Themen komplett außen vorlassen. Der Erfolg politisch extremer Personen und Bewegungen kommt unter anderem daher, dass Menschen die Politik als weit von ihrem Alltag entfernt erleben. Auch viele Menschen mit gemäßigten politischen Ansichten finden die Politik abgehoben und nicht mehr greifbar. In Bürgerräten sind Politik und Bevölkerung von Anfang an miteinander verbunden.

Können sich auch Bürger*innen beteiligen, die nicht ausgelost wurden?

Ja. Die Leitfrage und die daraus erarbeiteten Ergebnisse haben eine Relevanz für die gesamte Stadtgesellschaft. Um diese einzubeziehen, folgt im Anschluss an den Bürgerrat das Zukunftsforum. Hier soll die gesamte Stadtgesellschaft die Möglichkeit haben, die Beratungsergebnisse zur Leitfrage wahrzunehmen, zu kommentieren und zu diskutieren. Begleitend zum Zukunftsforum ist auch eine Online-Beteiligung geplant. Damit soll das Mitmachen möglichst einfach gemacht werden.

Wie kommen die Ergebnisse des Bürgerrates in die städtische Politik?

Im Anschluss an den Bürgerrat und das Zukunftsforum trägt die Steuerungsgruppe die Ergebnisse zusammen und bereitet daraus Empfehlungen vor. Diese Empfehlungen werden dem Rat der Stadt Gütersloh vorgetragen. Der Rat entscheidet dann in eigener Zuständigkeit, wie und ob die Empfehlungen umgesetzt werden können. Über das Ergebnis, was umgesetzt werden kann, oder was auch nicht, gibt der Rat eine Rückmeldung an die Mitglieder des Bürgerrates und an die Öffentlichkeit.

Bekommen Mitglieder des Bürgerrates eine Bezahlung bzw. Unterstützungsangebote?

Ja. Die Teilnehmenden bekommen pro Sitzungstag eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 50,00 Euro.

Weitere Unterstützungsangebote, wie z.B. Kinderbetreuung, Fahrdienste etc. können evtl. im Einzelfall realisiert werden.

Wie läuft der Bürgerrat ab?

Die ausgelosten Teilnehmenden kommen an einem definierten Wochenende in Präsenz zusammen. Ein Moderatorenteam führt durch die Veranstaltung und sichert die Ergebnisse, die die Teilnehmenden des Bürgerrates zur Leitfrage erarbeiten. Für Speisen und Getränke sorgt die Stadt Gütersloh.