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Das Wappen der Stadt Gütersloh

Die Geschichte des Wappens der Stadt Gütersloh reicht zurück bis in das Jahr 1843. Der Städtische Verwaltungsdirektor Schumann hat in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts die alten Akten zur Entstehungsgeschichte des Wappens ausgewertet. Die Ergebnisse seiner Recherchen wurden 1936 veröffentlicht und entsprechen noch heute der Aktenlage im Stadtarchiv.

Das Wappen der Stadt Gütersloh.

Das Dorf Gütersloh wurde durch Kabinettsorder vom 14. November 1825 zur Stadt erhoben. Die Städteordnung vom 19. November 1808 war damals Ausgangspunkt der kommunalen Selbstverwaltung. Die Einführung der revidierten Städteordnung für die Preußische Monarchie am 17. März 1831 (G.S. S. 9 ff.) blieb wegen der Etat- und Grenzstreitigkeiten zwischen Stadt und Landgemeinde Gütersloh zunächst noch ausgesetzt und erst eine Verordnung vom 31. Oktober 1841 verlangte die Einführung der revidierten Städteordnung für die Städte, in denen sie bisher ausgesetzt war.

Voraussetzung war eine Einwohnerzahl von mindestens 2500 und ein entsprechender Antrag.

Gütersloh hatte über 2500 Einwohner. Die Gemeindeverordneten beschlossen daraufhin am 16. Oktober 1842 mit einer Gegenstimme die Einführung der revidierten Städteordnung und wünschten ein Wappen zu besitzen.

Am 6. Mai 1843 beschloss der Magistrat dessen Einführung: „Mit Rücksicht auf die feine Garnspinnerey, welche auch jetzt noch den Haupterwerbszweig Güterslohs bildet, haben wir hierzu ein Rad ausgewählt, das jedoch zum Unterschiede von unserer Nachbarstadt Wiedenbrück, welche ein ähnliches Wappen führt, über dem Rade mit einem im Fluge befindlichen Falken, sowie entweder oben im Schilde oder im Umkreise des Rades mit der Devise „numquam retrorsum“ (niemals zurück) als Zeichen des Fortschrittes zu verstehen ist. Ehe wir jedoch die allerhöchste Genehmigung zur Führung des Wappens nachsuchen, wünschen wir, daß die Stadtverordnetenversammlung über unsere Ansicht ihr Gutachten, eventl. anderweitige Vorschläge baldigst abgeben möge, und legen zu diesem Beschluß die beiden Zeichnungen im Anschluß bei.“

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Die im Beschluss genannten Zeichnungen sind heute in den Akten des Stadtarchivs nicht mehr vorhanden. Die Stadtverordnetenversammlung nahm dazu Stellung: „Auf die Mitteilung des Magistrats vom heutigen Tage, die Bestimmung eines Wappens für die Stadt Gütersloh, betreffend, waren die Stadtverordneten dahin einverstanden, daß die beiden mitgeteilten Entwürfe als passend und den Verhältnissen entsprechend, anzuerkennen seien, daß auch die gewählten Farben anzunehmen, daß aber die nähere Ausführung des in seiner Idee überall zu billigenden Wappens dem Magistrat lediglich anheim zu geben sei, wobei nicht verkannt werden könne, daß dem Magistrat bei Auswahl des in das Wappen aufgenommenen Rades nicht bloß die feine Garnspinnery im Sinne gelegen habe, wie dies denn auch der beigefügte Wahlspruch andeute.“

So wurde die Angelegenheit dem Landrat vorgelegt, bei dem offenbar der hinzugefügte fliegende Falke und der Sinnspruch „numquam retrorsum“ Widerspruch hervor rief. Landrat von Trzebiatowski konnte sich nicht zur Weiterleitung an die übergeordneten Behörden entschließen und fragte am 15. Mai 1843 zurück, welchem von den beiden Entwürfen der Magistrat den Vorzug gebe: "Die Idee des Wappens sei passend und sinnreich, besonders, da er voraussetze, dass die Inschrift nicht den Grundsatz der politischen Bewegungspartei, sondern den gesetzmäßigen, friedlichen und insbesondere den industriellen Fortschritt bezeichnen sollte."

Für die Stadtverordnetenversammlung antwortete dazu Ratsherr Dr. Stohlmann am 17. Mai 1843 dem Magistrat mit einer ausführlichen Stellungnahme: „In Bezug auf vorstehende Anfrage bemerke ich ergebenst, daß ich den mit Lit. B bezeichneten Entwurf des Wappens für den passendsten halte, wenn die schwarze Farbe aus dem unteren Felde ganz wegfiele.

Es wäre im übrigen sehr wünschenswert, wenn dem Herrn Landrat in Hinsicht auf das vorliegende Schreiben vom 15 d.M. mitgeteilt würde, daß die leitende Idee bei der Entwerfung des Wappens für Gütersloh die des Fortschrittes im Allgemeinen gewesen sei, welche durch das rollende Rad, als Hauptfigur, angedeutet werden soll. Daß diese Idee des Fortschrittes bald enger, bald weiter, bald klarer, bald dunkler aufgefaßt werden würde, war vorauszusehen. Es ist jedoch logisch nicht einzusehen, wie der subordinierte Begriff des industriellen Fortschrittes den subordinierenden des politischen Fortschrittes ausschließen soll. Ebenso kann ein Weiterbilden, Entwickeln und Fortschreiten nicht ohne Bewegung gedacht werden, da diese eine der grundwesentlichen Eigenschaften allen Lebens und aller Fortentwicklung ist.

Der Wahlspruch des Wappens, das „numquam retrorsum“, kann nun daher auch eine verschiedene Deutung und Beziehung finden. Zunächst bezeichnet er aber gewiß ein Axiom der Vernunft: daß die Wahrheit niemals untergehen kann. Wenn die Parthey der politischen Bewegung und des Fortschrittes, welche doch ihre gesetzmäßigen Träger in den friedlichen und unfriedlichen Mitgliedern der ständischen Ausschüsse und der Provinziallandtage hat, das numquam retrorsum zu ihrem Wahlspruch wünschen, so würde König und Volk sich dazu nur Glück wünschen können.

Sollte die Nebenfigur des Wappens, der schwebende Falk, nicht ohne einigen Argwohn dazu kommen können, so dient hier vielleicht die Bemerkung zur Beruhigung, daß auch hier der Falk nur symbolisch das scharfe und schnelle Aufmerken auf die wichtigeren Ereignisse der Zeit bezeichnen soll, und daß er keineswegs als politischer Partheygänger verdächtigt werden kann."

Der Magistrat beriet darüber und beschloss, dem Landrat lediglich zu berichten, dass dem Lit. B bezeichneten Entwurf der Vorzug gegeben werde, wenn die schwarze Farbe aus dem unteren Feld ganz wegbliebe.

Inzwischen war der Gütersloher Antrag von der Regierung Minden an das Innenministerium in Berlin weitergeleitet worden. Aber auch dieses wollte noch etwas wissen, und so kam zu den beiden Rückfragen von Landrat und Regierung nunmehr die dritte vom Innenministerium. Der König wollte darüber unterrichtet werden, welche Bedeutung der am unteren Ende der Zeichnung – es konnte sich nur noch um den Entwurf B handeln – befindliche weiße Balken im grünen Felde habe. Die Regierung möge darüber schleunigst Auskunft geben, und so gelangte die Angelegenheit am 3. September erneut unbeschieden nach Gütersloh. Der Magistrat berichtete, das Grün-Weiß die städtische Farbe bezeichne und der weiße Balken keine andere Bedeutung habe, als eine dieser Farben anzugeben, weshalb denn auch umgekehrt, ein grüner Balken in zwei gleiche Teile (Grün und Weiß) gewählt werden könne.

Dann hörte der Magistrat von seinem Antrag Monate hindurch nichts mehr.

Endlich! Im Februar 1844 wurde der Ungewissheit und dem langen Warten ein Ende gemacht: Die Regierung in Minden teilte durch ihre Verfügung vom 27. Januar 1844 auf dem Dienstwege mit, dass „nach einer Mitteilung des Herrn Ministers des Innern vom 12. Januar 1844 des Königs Majestät das seitens des Magistrats gewünschte Wappen einer näheren Prüfung in heraldischer Hinsicht unterworfen und mit Rücksicht hierauf zu beschließen geruht habe, der Stadt Gütersloh ein Wappen nach derjenigen Zeichnung zu verleihen, welche dem Magistrat mit Bezug auf den Bericht vom 3. September 1843 anbei orginaliter nebst Abschrift der dazugehörigen Beschreibung übersandt werde.“

Gleichzeitig beauftragte die Regierung den Magistrat, nach der Zeichnung ein städtisches Wappen anfertigen zu lassen und künftig sich seiner zu bedienen. Die Beschreibung lautete: „ein deutscher Wappenschild mit einer die Preußischen National-Farben andeutenden silbern und schwarz achtmal wechselnden schmalen Einfassung, belegt mit einem grünen Felde, über welches schräg rechts drei silberne Ströme fließen. Auf dem mittelsten dieser Ströme liegt ein rothes Rad mit sechs Speichen.“

Das Wappen, wie es Magistrat und Stadtverordnete gewünscht und beschlossen hatten, ist der Stadt also versagt geblieben.

Von den ursprünglichen Entwürfen ist kaum mehr vorhanden als das rote Rad und die grüne Farbe. Der stolze Wahlspruch "numquam retrorsum" und der im Fluge begriffene Falke fanden keine Aufnahme. Ob die Linienführung mit der ursprünglichen übereinstimmt lassen die Akten nicht erkennen. Sicher ist, dass das Wappen seine Gestalt und Beigabe der preußischen Farben in Berlin erhalten hat.

Quellen:
Stadtarchiv Gütersloh – E 934

Auszugsweise Abschrift aus
Die Heimat in Wort und Bild – Beilage zur Westfälischen Zeitung / Gütersloher Zeitung,
Gütersloh, Ausgabe September 1936